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Ein Lastenrad für die moderne Umweltbildung

59174 Kamen, Rathausplatz 1

Neue Wege städtischer Kommunikation

Die Orchidee auf der Kitawiese

Zunächst völlig unscheinbar reckte sich ein merkwürdig aussehendes Pflänzchen auf einer Kitawiese Richtung Sonne. Zuvor hatten die Maxikinder der Kita ein Insektenhotel zum Abschied geschenkt. Die Botschaft „Kein Insektenhotel ohne Vollpension!“ wurde von der neuen Kitaleiterin sehr positiv aufgegriffen. Daher wurde beschlossen, die kleine Wiese vor der Kita einfach einmal wachsen zu lassen. Bis zum Wipptier wurde ein schmaler Entdeckerpfad gemäht. 

Nur dank des Entdeckerpfades wurde das ominöse Pflänzchen gesichtet und letztlich als breitblättriger Stendelwurz bestimmt: Es handelte sich wirklich um eine heimische Orchideenart, was besonders in der Belegschaft und auch bei den Kindern zu großer Begeisterung führte. Die Blüten sind zwar winzig, bei genauem Hinsehen jedoch ein echtes Highlight. Der sehr umsichtige Hausmeister hat bei der Mahd im Spätsommer insgesamt 11 Pflanzen auf der kleinen Wiese gefunden und diese stehenlassen, damit der staubfeine Samen der Pflanzen weiter auf Reisen gehen konnte. 

Eine solche Geschichte macht deutlich, dass Naturschutz mitunter kinderleicht sein kann. Der städtische Instagram-Account „Emil und der Klimaschutz“ erzählt solche Geschichten und vermittelt dabei sehr niederschwellig und unterhaltsam Wissen rund um Klima- und Naturschutz.  

Wer ist Emil?

Emil ist ein Lastenrad und seit 2020 als Verwaltungs(draht)esel Bestandteil des klimafreundlichen Fuhrparks der Stadt Kamen. Da er aber zu Coronazeiten mit Hilfe von AGFS-Fördermitteln angeschafft werden durfte, war von Anfang an klar, dass Emil nicht nur ein Dienstfahrzeug sein würde. Dem Fördermittelzweck entsprechend war von Beginn an das Ziel, mit ihm das Thema Öffentlichkeitsarbeit rund ums Fahrrad zu befahren. So hat er also im September 2021 als erstes kommunales Lastenrad bundesweit seinen eigenen Instagramaccount bekommen. Seither ist er dort kontinuierlich als Mobilitätsbotschafter und Nachhaltigkeitsenthusiast auf seiner Klimaschutzmission unterwegs. Mit seinen rund 1.900 ReisebegleiterInnen erreicht er mittlerweile bis zu 70.000 NutzerInnen pro Monat. 

Die Themenvielfalt auf dem Account ist sehr groß. Das Spektrum umfasst neben dem Kernthema Mobilität unter anderem Themen wie Ernährung, Abfallvermeidung, Upcycling, Artenvielfalt und Naturschutz, Ressourcenschutz, bürgerschaftliches Engagement und gesellschaftlicher Wandel. Die Zielgruppe die dadurch erreicht wird, ist sehr groß und vielfältig. Als Klimaschutzbotschafter zeigt er stets kreative Lösungen auf fährt immer mit gutem Beispiel voran, ohne dabei jedoch dogmatisch zu sein. Verzichtsnarrative tauscht Emil gegen positive Bilder aus. Er möchte Mut machen, dass ein Wandel möglich ist. 

Mit Blick auf ökologische Themen postet Emil z. B. nicht einfach nur allgemeine Infos über Igel. Er nimmt einen hilfsbedürftigen Igel zum Winter hin bei sich auf und erzählt dann die Geschichte des Igels mit allen notwendigen Hintergrundinformationen zum Thema Igelpflege und verknüpft dies wiederum mit der Botschaft, wie wichtig arten- und strukturreiche Flächen für Insekten und somit auch für Igel sind. So hat er seit 2020 fast 20 kg hochwertiges regionales Wildwiesensaatgut des Herstellers Rieger-Hofmann an die Bürgerinnen und Bürger verschenkt, um das Thema Biodiversität ganz praktisch unters Volk zu bringen. Dazu gibt es die passende Anleitung mit den wichtigsten Informationen zur Ansaat und Pflege. Für städtische Flächen hat er ein entsprechendes Infoschild erstellt, um Bürgerinnen und Bürger zu sensibilisieren. 

Im Spannungsfeld zwischen Ordnung und Wildnis

Als Verwaltungsmitarbeiter kennt sich Emil bestens im Spannungsfeld zwischen den Ansprüchen an eine saubere Stadt (ohne Laub und säuberlich gemähtem Rasen) und den Anforderungen für mehr Stadtökologie und Biodiversität aus. Er selber stand schonmal mit einem verärgerten Bürger auf einem Gehweg, auf den drei Margeriten einer städtischen Wildblumenwiese durch den Zaun ragten. Hier versucht er analog wie digital zu vermitteln und Bewusstsein zu schaffen. Insbesondere mit Blick auf das Thema Verkehrssicherungspflicht gibt es aus kommunaler Perspektive keine Kompromisse. Wo es jedoch möglich ist, werden bei der Stadt Kamen fortlaufend weitere Möglichkeiten ausgelotet, den Themen Stadtökologie und Biodiversität immer mehr gerecht zu werden. Emil transportiert dieses Wissen analog wie digital und nimmt die Menschen mit. 

Mit dieser Art der kommunalen Kommunikation besitzt Emil ein Alleinstellungsmerkmal. Er kommuniziert dabei niemals mit dem erhobenen Zeigefinder, sondern lädt immer zum Mitmachen ein. Zu Beginn oftmals belächelt, leistet Emil mittlerweile einen echten Beitrag zur gesellschaftlichen Wahrnehmung und Sensibilisierung in Sachen Mobilitätswende und Naturschutz. 

Das Projekt ist seit 2021 fortlaufend. Die Anschaffung des Lastenrades erfolgte mit Hilfe von Fördermitteln über die AGFS. Die fortlaufende Umsetzung erfolgt weitestgehend ohne finanziellen Aufwand, da der Kerngedanke von Teilprojekten und Aktionen immer Upcycling ist. Reststeine vom Bauhof für Igelhäuser oder alte Broschüren aus dem Keller dienen als Bastelmaterial für Kinder, um daraus Tüten für selbstgesammeltes Saatgut zu basteln. 

 

  • Mobilitäts- und Umweltbildung für eine möglichst breite Zielgruppe
  • Sensibilisierung für Nachhaltigkeit, Stadtökologie und Klimaschutz
  • Seit 2020 Lastenfahrrad im klimafreundlichen Fuhrpark der Stadt Kamen
  • 2021 Start Instagramaccount “Emil und der Klimaschutz” zur Mobilitäts- und Umweltbildung

     

Die gesamte Stadtgesellschaft

Der richtige Impuls an der richtigen Stelle kann manchmal wundervolles bewirken – Klimaschutz ist kinderleicht

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